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«Alkohol ist und bleibt die Partydroge Nummer eins»

Edition No. 100
Sep. 2013
Lifestyle and health

Fünf Fragen an Alexander Bücheli. Alexander Bücheli ist stellvertretender Betriebsleiter der Jugendberatung Streetwork. Im Namen des nationalen Kompetenznetzwerks «Safer Nightlife Schweiz» gibt er Auskunft über die Sucht­prävention in der Schweizer Club- und Partyszene.

Welches sind die wichtigsten Veränderungen im Nachtleben in den letzten zehn Jahren?

Das Nachtleben hat noch mehr an Bedeutung gewonnen, in den Städten sind regelrechte Ausgangsviertel entstanden. Auch das Ausgehverhalten hat sich verändert. Die Leute gehen meist erst in ein Restaurant oder eine Bar, bevor sie in den Club oder an eine Party weiterziehen. Das heisst, das Feiern beginnt später und dauert dafür bis zum Morgengrauen. Wer sich den Restaurant- oder Barbesuch nicht leisten kann, hält sich im öffentlichen Raum innerhalb der Ausgangsviertel auf. Für junge Menschen ist Partymachen heute die wichtigste kollektive Freizeitaktivität.

Welche Auswirkungen haben die veränderten Partygewohnheiten auf den Drogenkonsum?

Alkohol ist und bleibt die Partydroge Nummer eins. Weil sich Partygängerinnen und Partygänger vor dem Clubbesuch vermehrt im öffentlichen Raum aufhalten, ist der Alkoholkonsum noch offensichtlicher geworden. Da die Leute länger im Ausgang sind, hat die Menge des konsumierten Alkohols zugenommen und wachhaltende Stimulanzien haben an Bedeutung gewonnen. Die Anzahl Konsumenten und die Anzahl der verschiedenen konsumierten Substanzen sind aber stabil geblieben. Seit Jahren werden primär Cannabis, Ecstasy, Amphetamin (Speed) und Kokain konsumiert. Unterschiede gibt es jeweils in den aktuellen Präferenzen. In den letzten Jahren war beispielsweise Kokain sehr beliebt, derzeit sind eher wieder Ecstasy und Amphetamin im Trend. Es werden vor allem gut bekannte Substanzen konsumiert. Neue psychoaktive Substanzen, sogenannte Internetdrogen, werden nur von einer Minderheit, meist im privaten Raum konsumiert und erreichen selten eine breitere Konsumentengruppe.

Wie und mit welchem Ziel wird im Nachtleben Prävention betrieben?

Generell geht es um Beratung. Die Partygängerinnen und Partygänger sollen möglichst keine negativen Langzeitfolgen aus diesem spassorientierten Lebensabschnitt davontragen. Es gibt zum Beispiel das Angebot «Be my Angel», das sich mit einem bewussten Umgang mit Alkohol und der Sicherheit im Stras­senverkehr auseinandersetzt. Bezüglich der illegalen Substanzen sind die Ziele Schadensminimierung, Risikomanagement und das Anstossen eines autoreflexiven Prozesses, der zu einem risikoarmen Konsum oder zur Abstinenz führen soll. Es werden Fakten sowie spezifische individuelle Schadensminderungs- und Präventionsbotschaften vermittelt. Dazu gehören auch Warnungen vor Streckmitteln oder hohen Dosierungen von illegalen Substanzen. Prävention geschieht meist vor Ort in den Clubs und an den Festivals. Alle Informationen und Onlineberatungen gibt es aber auch auf zielgruppenspezifischen Websites. Die einzelnen regionalen Projekte arbeiten eng zusammen. Aus dieser Zusammenarbeit ist beispielsweise das überregionale Projekt «Safer Dance Swiss» entstanden, das sich auf mehrsprachige Präsenzen an Festivals spezialisiert hat. 2011 wurde zudem das nationale interdisziplinäre Kompetenznetzwerk «Safe Nightlife Schweiz» gegründet, das regionale Fachstellen in ihren Bestrebungen unterstützt. Auch das Qualitätslabel «Safer Clubbing» basiert auf der Kooperation zwischen Clubs, Präventionsfachleuten und anderen Stakeholdern.

Sind Auswirkungen der Prävention spürbar?

Ja. In der Stadt Zürich sind die Konsumierenden zum Beispiel besser über die Risiken des Substanzkonsums informiert als noch vor zehn Jahren. Das dürfte ein Resultat des «Drug Checking» mit Beratung sein, das Zürich seit zwölf Jahren anbietet und das rege genutzt wird. Auch hat der besonders problematische Mischkonsum in den letzten zehn Jahren um 20% abgenommen. Die Kombination von Aufklärung, individueller Beratung und Analyse von Substanzen entspricht offenbar dem Bedürfnis der Leute, die hauptsächlich im Nachtleben Drogen konsumieren. Dabei hat sich gezeigt, dass analytische, wissenschaftliche Fakten eine grössere Wirkung erzielen als reine Präventionsbotschaften. Anhand der Analyseresultate und der Daten aus den Drug Checkings können zudem Trends früh erkannt und allfällige Massnahmen ergriffen werden.

Ein Blick in die Zukunft?

Das Nachtleben wird sich nicht grundlegend verändern. Auch in Zukunft wird Alkohol die Partydroge Nummer eins sein. Die Schweiz ist bezüglich Prävention und Schadensminderung im Nachtleben gut aufgestellt. Der grösste Handlungsbedarf besteht beim regionalen Ausbau von niederschwelligen Drug-Checking-Angeboten und beim Aufbau eines nationalen Substanzen-Frühwarnsystems.

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